Der Geburtstag des Bildhauers Wander Bertoni jährt sich heuer am 11. Oktober zum 100. Mal. Kaum ein anderer bildender Künstler hat so viele Werke auf öffentlichen Plätzen hinterlassen, wie der 2019 in seiner geliebten Gritsch-Mühle in Winden am See verstorbene Wahlburgenländer. Sein künstlerisches OEuvre ist unverwechselbar und vielfältig. Das Leben von Wander Bertoni ist eine Reise durch ein ereignisreiches Jahrhundert. Im neuen Filmporträt von Gabi Schiller erzählen Familienmitglieder, ehemalige Studierende und Wegbegleiter:innen über den aussergewöhnlichen Lebensweg des Künstlers. In historischen Filmaufnahmen kommt Bertoni auch selbst zu Wort. Der gelernte Eisendreher Wander Bertoni stammt aus Codisotto, einem kleinen Ort in der Emilia Romagna in Norditalien. Er wächst sehr bescheiden auf und kommt während des Zweiten Weltkriegs als Zwangsarbeiter nach Wien, wo er in der Rüstungsindustrie schuftet. In einem berührenden Fernsehinterview erzählt Bertoni, wie er beim letzten grossen Bombardement der Alliierten nur knapp dem Tod entrinnt. Um nicht zu verhungern, arbeitet er im Wien der Nachkriegsjahre als Restaurator. Beinahe gleichzeitig schreibt er sich in der Meisterklasse des Bildhauers Fritz Wotruba an der neu gegründeten Akademie für angewandte Kunst ein und wird Teil der aufstrebenden Wiener Kunstszene. Damals entsteht auch der legendäre Art Club – eine Künstlervereinigung, deren Protagonisten Rebellen sind. Nach den bitteren Kriegsjahren feiern sie die Freiheit der Kunst und beschreiten neue Pfade. 1965, im selben Jahr als Wander Bertoni mit der Leitung der Meisterklasse auf der Akademie der angewandten Künste betraut wird, kauft der gebürtige Italiener die Gritsch-Mühle in Winden am See. Er rettet sie vor dem Verfall und schafft im kleinen Ort an den Hängen des Leithagebirges mit Blick zum Neusiedler See einen einzigartigen Kunstplatz. Seine Witwe Waltraud Bertoni lebt noch immer in Winden am See und erzählt im Film, wie über viele Jahrzehnte rund um die alte Mühle ein Freilichtmuseum mit Skulpturenpark entstanden ist. Die Dorfbewohner erinnern sich beim Heurigen vor allem an das Spektakel Ende der 1960er Jahre. Damals wurde Bertonis 'Sonnenanbeterin' aus New York nach Winden gebracht. Die beinahe 20 Meter hohe Säule war bei der Weltausstellung ausgestellt. Sie steht noch heute, als Wahrzeichen von Winden, am Kirchberg. Das 10 Hektar grosse Areal am Fusse des Leithagebirges zieht nicht nur kunstinteressierte Menschen in seinen Bann. Es ist für Touristinnen, Touristen und Einheimische ein Kultur- und Naturjuwel. Was der Italiener Mitte der 1960er Jahre gerettet hat, das muss in jedem Fall erhalten werden, ist man sich im Burgenland einig.